Gesetzesänderungen ab 1. August 2022

Überblick über die wesentlichen Änderungen des TzBfG, des AÜG, des BBiG und der GewO

Im Zuge des am 1. August 2022 in Kraft getretenen Gesetzes zur Umsetzung der EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen vollziehen sich neben denen bereits in unserem Blogbeitrag vom 7. Juli 2022 dargestellten sehr relevanten Änderungen des Nachweisgesetzes auch weitere arbeitsrechtliche Gesetzesänderungen. Im Folgenden wird ein Überblick über die wesentlichen Änderungen des Teilzeit- und Befristungs- („TzBfG“), des Arbeitnehmerüberlassungs- („AÜG“), des Berufsbildungsgesetzes („BBiG“) und der Gewerbeordnung („GewO“) gegeben.

 

Was ändert sich im TzBfG?

Arbeit auf Abruf

Nach dem neuen § 12 Abs. 3 S. 1 TzBfG n.F. sind Arbeitgeber nunmehr verpflichtet, den Zeitrahmen mit Referenzstunden und Referenztagen festzulegen, in dem der Arbeitnehmer zur Arbeit abgerufen werden kann. Mit Blick auf den Gesetzeszweck – der besseren zeitlichen Vorhersehbarkeit der Abrufarbeit für Arbeitnehmer – dürften nunmehr konkrete Wochenarbeitstage (z.B. Montag bis Mittwoch) und zumindest eine konkrete Uhrzeitspanne (z.B. in der Zeit zwischen … Uhr und … Uhr) festzulegen sein (vgl. zum Inhalt des schriftlichen Nachweises bei Arbeit auf Abruf auch § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 NachwG n.F.). Der Arbeitnehmer ist nach § 12 Abs. 3 S. 2 TzBfG n.F. nur zur Arbeit verpflichtet, wenn der Arbeitgeber ihm – wie bisher unverändert – die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt und – nunmehr neu – die Arbeitsleistung auch im festgelegten Zeitrahmen zu erfolgen hat. D.h. ist kein Zeitrahmen festgelegt oder wird der Arbeitnehmer außerhalb des Zeitrahmens zur Arbeit eingeteilt, kann die Leistung verweigert werden. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, die Regelungen zur Arbeit auf Abruf zu überprüfen und anzupassen.

 

Verhältnismäßige Probezeit bei befristeten Arbeitsverhältnissen

Bislang hing auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen die Wirksamkeit einer Probezeitvereinbarung nach § 622 Abs. 3 BGB – d.h. das Arbeitsverhältnis während einer vereinbarten Probezeit mit einer Frist von nur zwei Wochen kündigen zu können – regelmäßig davon ab, dass die Probezeitdauer sechs Monate nicht überstieg. Diese schematische Praxis findet nunmehr für Probezeitvereinbarungen bei befristeten Arbeitsverhältnissen ihr Ende. Ab dem 1. August 2022 muss die in einem befristeten Arbeitsvertrag vereinbarte Probezeit im Verhältnis zu der erwarteten Befristungsdauer und der Art der Tätigkeit stehen. Dies bedeutet, dass nunmehr regelmäßig eine einzelfallbezogene Angemessenheitsprüfung einer vereinbarten Probezeitdauer vorzunehmen ist (vgl. hierzu näher sowie zu den erforderlichen Vertragsanpassungen unseren Blogbeitrag „Der neue § 15 Abs. 3 TzBfG“).

 

Begründungspflicht bei Wunsch nach Veränderungen

Der Gesetzgeber hat im TzBfG neben den bereits bestehenden Informations- und Erörterungspflichten eine zusätzliche Antwort- und Begründungspflicht für Arbeitgeber eingeführt:

Teilen Arbeitnehmer (in Textform) dem Arbeitgeber ihren Wunsch mit, die Dauer und Lage der vertraglichen Arbeitszeit verändern zu wollen

oder

teilen befristet beschäftigte Arbeitnehmer ihren Wunsch mit, ein unbefristetes Arbeitsverhältnis eingehen zu wollen,

so muss der Arbeitgeber nunmehr jeweils in Textform innerhalb eines Monats eine begründete Antwort darauf geben (§ 7 Abs. 3 und § 18 Abs. 2 TzBfG n.F.).

Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist das sechsmonatige Bestehen des Arbeitsverhältnisses. Eine Antwort kann ausbleiben, wenn ein Arbeitnehmer seinen Wunsch in den letzten zwölf Monaten schon einmal angezeigt hat. Welchen genauen Inhalt und Umfang die Begründung und welche Rechtsfolge ein Unterlassen oder eine nicht ordnungsgemäße Antwort haben soll, bleibt nach der Gesetzesbegründung offen. Diesbezüglich gilt es vor allem die Entwicklung in der Rechtsprechung zu beobachten; bis auf Weiteres empfiehlt es sich daher, bei entsprechenden Anfragen von Arbeitnehmern die Monatsfrist im Blick zu behalten und eine begründete Antwort abzugeben.

 

Was ändert sich im AÜG?

Gemäß § 11 Abs. 2 S. 4 AÜG n.F. müssen dem Leiharbeitnehmer von dem Verleiher vor jeder Überlassung Firma und Anschrift des Entleihers in Textform mitgeteilt werden.

Gemäß § 13a Abs. 2 AÜG n.F. hat ein Entleiher einem Leiharbeitnehmer, der ihm seit mindestens sechs Monaten überlassen ist und der ihm in Textform den Wunsch nach dem Abschluss eines Arbeitsvertrages angezeigt hat, innerhalb eines Monats nach Zugang der Anzeige eine begründete Antwort in Textform mitzuteilen. Auch hier bleibt vor allem unklar, welchen Inhalt und Umfang eine solche Begründung haben muss.

 

Was ändert sich im BBiG?

Ähnlich dem Nachweisgesetz hat auch das BBiG einige Änderungen hinsichtlich der schriftlich niederzulegenden Vertragsniederschrift erfahren. So sind ab dem 1. August 2022 neue erweiterte Vorgaben in den Berufsausbildungsvertrag zwingend mit aufzunehmen. Unter anderem muss nunmehr beispielsweise Name und Anschrift der gesetzlichen Vertreter mit angegeben werden, wenn der Auszubildende minderjährig ist (vgl. zu den einzelnen Inhalten der Vertragsniederschrift § 11 BBiG n.F.). Bei Verstößen hiergegen drohen nach § 101 BBiG Bußgelder bis zu EUR 2.000,00. Es empfiehlt sich daher dringend, Berufsausbildungsverträge zu überprüfen und an die neuen Vorgaben des § 11 BBiG anzupassen.

 

Was ändert sich in der GewO?

Nach dem neuen § 111 GewO dürfen Arbeitnehmern die Kosten für eine Pflichtfortbildung nicht auferlegt werden, wenn der Arbeitgeber durch oder aufgrund eines Gesetzes, durch Tarifvertrag oder Betriebs- oder Dienstvereinbarung verpflichtet ist, ihnen eine Fortbildung anzubieten, die für die Erbringung ihrer Arbeitsleistung erforderlich ist. Solche Pflichtfortbildungen sollen während der Arbeitszeit stattfinden und gelten – soweit sie außerhalb der Arbeitszeit durchgeführt werden müssen – als Arbeitszeit. Zu beachten ist, dass dies nur für Fortbildungen gilt, zu denen Arbeitgeber gesetzlich oder durch Tarifvertrag oder Betriebs- oder Dienstvereinbarung verpflichtet sind.

 

Linus Grund
Rechtsanwalt








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