Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen

LAG Düsseldorf: Zweijähriger Referenzzeitraum vor Ausspruch einer personenbedingten Kündigung wegen häufiger (Kurz-)Erkrankungen

  1. Ein Referenzzeitraum von zwei Jahren vor Ausspruch einer personenbedingten Kündigung wegen häufiger (Kurz-)Erkrankungen kann eine hinreichende Basis der negativen Prognose zukünftiger Arbeitsunfähigkeiten sein.

  2. Zur Feststellung zu erwartender Entgeltfortzahlungskosten von mehr als sechs Wochen jährlich: Bei Anwendung eines 6/2-Schichtsystems müssen die zu erwartenden Entgeltfortzahlungskosten insgesamt 31,5 Arbeitstage jährlich übersteigen.

  3. Das betriebliche Eingliederungsmanagement (bEM) ist jedenfalls dann abgeschlossen, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einig sind, dass der Suchprozess durchgeführt ist oder nicht weiter durchgeführt werden soll (BAG, Urt. v. 18.11.2021 – 2 AZR 138/21). Wie der Arbeitnehmer von vornherein die Zustimmung zur Durchführung eines bEM nicht erteilen kann, sodass es überhaupt nicht begonnen wird, so kann das bEM einvernehmlich beendet werden, und zwar unabhängig davon, wie weit es vorangebracht wurde. Es kommt dann darauf an, ob der Arbeitnehmer die notwendigen Kenntnisse über das bEM-Verfahren besaß, um beurteilen zu können, ob es beendet oder fortgesetzt werden sollte. (amtliche Leitsätze)

LAG Düsseldorf, Urt. v. 17.05.2022 – 14 Sa 825/21


fellaws Hinweis

Die Entscheidung des LAG Düsseldorf betraf den für die Praxis relevanten Anwendungsfall einer personenbedingten Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen. Das LAG hat in den Entscheidungsgründen zutreffend dargestellt, dass auf der ersten Prüfungsstufe einer krankheitsbedingten Kündigung – der negativen Zukunftsprognose – auch ein nur zweijähriger Referenzzeitraum eine hinreichende Basis für eine negative Prognose darstellen kann. Auch nach der Rechtsprechung des BAG ist der regelmäßig dreijährige Referenzzeitraum nicht starr, sondern es sind aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls kürzere, hinreichend prognosefähige Fehlzeitenräume zuzulassen (BAG, Urt. v. 25.04.2018 – 2 AZR 6/18). Dem LAG ist darin beizupflichten, dass kein Grund ersichtlich sei, einem Arbeitgeber durch einen fest vorgegebenen Referenzzeitraum von drei Jahren de facto in den ersten Jahren eines Arbeitsverhältnisses eine auf häufige Kurzerkrankungen gestützte Kündigung zu versagen, wenn bereits nach einem kürzeren Referenzzeitraum eine gesicherte negative Gesundheitsprognose gegeben ist. Ein wesentlich zu beachtender Umstand für einen kürzeren Referenzeitraum dürfte hier regelmäßig ein Ansteigen der Fehlzeiten sein.


Carsten Brachmann
Rechtsanwalt I Fachanwalt für Arbeitsrecht I Partner








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