Mit Beginn des Jahres 2025 ist ein Großteil des vierten Gesetzes zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie (IV. Bürokratieentlastungsgesetz) in Kraft getreten. Im Folgenden wird ein Überblick über die ab dem 1. Januar 2025 geltenden wesentlichen arbeitsrechtlichen Änderungen des IV. Bürokratieentlastungsgesetzes gegeben.
Hintergrund
Bereits seit 2015 arbeitet die Bundesregierung an einer Entlastung der Bürokratie in Deutschland. So entstanden bereits die Bürokratieentlastungsgesetze I-III. Das BEG IV ist Teil des „Meseberger Entlastungspakets“ der (noch) aktuellen Bundesregierung und zielt darauf ab, Bürger und Verwaltung im administrativen Bereich zu entlasten und die Wirtschaft zu stärken. Dabei sollen die aus den rechtlichen Bestimmungen resultierenden Erfüllungsaufwände vereinfacht und beschleunigt werden. Neben Bürokratieerleichterungen in über 70 Gesetzen ergeben sich im Arbeitsrecht insbesondere die folgenden nennenswerten Erleichterungen:
Was ist neu?
Die relevantesten Änderungen mit Auswirkungen im Arbeitsrecht sind die Formerleichterungen bezüglich der Schriftform.
Form des Arbeitsvertrages
Schriftform § 126 BGB | eigenhändig im Original unterschrieben |
Elektronische Form § 126a BGB | Unterscheidung in einfache und qualifizierte Signatur, qualifizierte elektronische Signatur dann, wenn sie die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form ersetzten soll |
Textform § 126b BGB | lesbare Erklärung, Erklärende ist genannt, auf dauerhaftem Datenträger abgegeben, E-Mail zulässig |
Zwar gibt es keine generelle gesetzliche Regelung darüber, wie und in welcher Form ein Arbeitsvertrag geschlossen werden muss. Jedoch wurden Arbeitgeber durch die Änderung des Nachweisgesetzes (NachwG) dazu verpflichtet, die wesentlichen Vertragsbedingungen in Schriftformniederzulegen und dem Arbeitnehmer anschließend im Original zu übergeben. Die wesentlichen Vertragsbedingungen statuiert das NachwG in § 2 Abs. 1 Nr. 1-15. Eine Niederschrift war nur dann entbehrlich, wenn diese bereits im schriftlichen Arbeitsvertrag enthalten war. Die Möglichkeit, die Niederschrift in elektronischer- oder gar Textform, also beispielsweise per E-Mail zu erbringen, wurde explizit ausgeschlossen.
Durch das BEG IV wurde § 2 NachwG dahingehend abgeändert, dass die Niederschrift nun auch in Textform an den Arbeitnehmer elektronisch (bspw. E-Mail) übermittelt werden kann. Hierfür muss das Dokument für den Arbeitnehmer zugänglich sein, gespeichert und ausgedruckt werden können und der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer mit der Übermittlung auffordern, einen Empfangsnachweis zu erteilen. Sollte der Arbeitnehmer darüber hinaus dennoch die schriftliche (im Original unterzeichnet) Version der Niederschrift wünschen, so müssen Arbeitgeber diese unverzüglich erteilen.
Diese Formerleichterungen gelten auch für § 3 Abs. 1 NachwG, welcher bislang verlangte, dass Änderungen der wesentlichen Vertragsbedingungen spätestens an dem Tag, an dem sie wirksam wurden, schriftlich mitzuteilen waren. Auch hier genügt nun die Textform. Außerdem entfällt die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers bei Änderung wesentlicher Vertragsbedingungen, sofern die Änderung Gegenstand eines schriftlichen oder in Textform geschlossenen Änderungsvertrags ist.
Schließlich ist richtigerweise auch die übliche Regelrentenaltersbefristung erleichtert worden, denn mit dem BEG IV wurde der Absatz 2 in § 41 SGB VI eingefügt. Dort heißt es nun: „Eine Vereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vorsieht, bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Textform. § 14 Absatz 4 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes gilt nicht.“
Wichtig: Für die „normale“ Befristungsabrede eines Arbeitsverhältnisses greift weiterhin § 14 Abs. 4 TzBfG. Befristungsvereinbarungen bedürfen weiterhin unverändert der Schriftform. § 14 Abs. 4 TzBfG bleibt durch das BEG IV unberührt und nur, weil die Niederschrift nach dem NachwG nicht mehr der Schriftform bedarf, bedeutet dies nicht, dass dies für die Befristungsabrede ebenso gilt. Hier gilt weiterhin der Grundsatz: Schriftform vor Dienstantritt, ansonsten entsteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Alternativ wäre die in der Praxis bislang kaum gebräuchliche elektronische Form mit qualifiziert elektronischer Signatur gemäß § 126a BGB ebenfalls zulässig.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass die Regelung des § 623 BGB von dem BEG IV nicht tangiert wird, d.h. dass Kündigungen und Aufhebungsverträge weiterhin zwingend der strengen Schriftform (§ 126 BGB) bedürfen.
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
Arbeitnehmerüberlassungsverträge können nach § 12 S.1 AÜG zwischen Ver- und Entleiher nun ebenfalls in Textform gefasst werden. Auch § 14 Abs. 3 S. 2 AÜG wurde angepasst, sodass dem Betriebsrat bei der Übernahme eines Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleistung im Beteiligungsverfahren gemäß § 99 BetrVG die Erklärung des Verleihers über den Besitz der Verleiherlaubnis nicht mehr zwingend in Schriftform vorzulegen ist.
Arbeitszeugnis
§ 630 S. 3 BGB wurde neu gefasst. Danach kann das Zeugnis mit Einwilligung des Verpflichteten nun in elektronischer Form erteilt werden. § 630 BGB verweist für Zeugnisse eines Arbeitnehmers auf § 109 GewO. Auch § 109 Abs. 3 GewO wurde entsprechend neu gefasst und die elektronische Form der Zeugniserteilung ist nun möglich. Wichtig: hier kann die elektronische Form die Schriftform ersetzen, d.h. es wird eine qualifizierte elektronische Signatur benötigt.
Jugendarbeitszeitgesetz und Arbeitszeitgesetz
War es früher Pflicht, beispielsweise Gesetze aus dem ArbZG oder auch dem JArbSchG im Betrieb in Papierform auszuhängen, so genügt es nun, wenn diese in Textform bekannt gegeben werden wie etwa durch zur Verfügungstellung auf der im Betrieb üblichen Informations- und Kommunikationstechnik (Webseite), § 16 ArbZG und §§ 47, 48 JArbSchG. Jedoch muss der Zugang der Mitarbeiter zu den jeweiligen Informationen zwingend gewahrt werden.
Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz sowie Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz
Für Ansprüche/Geltendmachungen nach dem Pflegezeit- und oder Familienpflegezeitgesetz, § 3 Abs. 3 PflegeZG, § 2a FPfZG, gilt nun ebenfalls Textform.
Außerdem können Arbeitnehmer ihren Anspruch auf Elternzeit nach § 16 Abs. 1 BEEG und ihren Anspruch auf Teilzeit während der Elternzeit nach § 15 Abs. 7 BEEG bald auch in Textform einreichen und gleichzeitig können Arbeitgeber über jene Anträge auch in Textform entscheiden/rückantworten. Zu beachten gilt, dass diese Änderungen des BEEG erst ab dem 1. Mai 2025 wirksam werden. Sie betreffen Arbeitnehmer, deren Kinder nach diesem Stichtag geboren werden.
fellaws Fazit
Im Kern statuiert das Gesetz die Beschleunigung von Prozessen in der digitalen Arbeitswelt, dies durch Senkung der Anforderungen an bestimmte administrative Prozesse. Es bleibt jedoch zu beachten, dass auf Wunsch des Arbeitnehmers die Schriftform in mehreren Fällen vom Arbeitgeber zwingend einzuhalten ist. Das Gesetz bringt in Zeiten von „New Work“ lang überfällige Neuerungen auf den Weg und passt die einzelnen Gesetze an die Widrigkeiten der digitalen Welt an. Auch wenn es an der ein oder anderen Stelle noch großzügiger hätte ausgestaltet werden können, so ist es dennoch ein Schritt in die richtige Richtung.
Carsten Brachmann, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Partner
Linda Muschal, Dipl.-Jur., Rechtsreferendarin